Drittes Projektforum der Zukunftskonferenz präsentiert Ergebnisse und Perspektiven

Hersfeld-Rotenburg. Am Anfang standen große Ideen und Visionen. - Begeisterung und Tatendrang. - Aufbruchstimmung und Wir-Gefühl. Gleichsam beflügelt gingen im September 2008 die rund 80 Teilnehmer der Zukunftskonferenz „Miteinander leben – Altern als Chance“ aus der dreitägigen Klausur-Tagung in Hohenroda hervor. Gemeinsam hatten sich Menschen unterschiedlicher Alters- und Berufsgruppen hier den Herausforderungen des demografischen Wandels gestellt, hatten Zukunftsszenarien erdacht, Ideen entwickelt und Antworten gefunden. Am Schluss standen neun Teams, neun Projektvorhaben und die Überzeugung: Gemeinsam ist Zukunft machbar!

Was ist rund sechzehn Monate später geblieben von diesem Geist der Zuversicht? Und was hatten die Projektteams in dieser Zeit bewegen können? Über diese Fragen sollte das letzte von drei Projektforen, die den Umsetzungsprozess begleitet hatten, am 17. Dezember bei einer Ergebnispräsentation im Kreistagssitzungssaal des Landratsamtes Aufschluss geben.

„Unsere Antworten sind keine Theorie geblieben, sondern wir haben die Herausforderungen der Zukunft angepackt!“ würdigte Erste Kreisbeigeordnete Christa Bittner beim abschließenden Projektforum der Zukunftskonferenz das große Engagement aller Projektbeteiligten. Hinter den Teams lagen Erfolge, aber auch Enttäuschungen und Rückschläge, und so manche Anfangsidee musste „umgestrickt“ werden, um sie zu realisieren.
Knapp eineinhalb Jahre nach dem gemeinsamen Aufbruch befinden sich die meisten Projekte kurz vor ihrem Abschluss oder haben auf dem Weg dorthin wichtige Etappenziele erreicht. Beim letzten Projektforum der Zukunftskonferenz stand daher auch die Frage im Raum, wie man das bisher Erreichte bewahren und die begonnenen Zukunftsprojekte nun würde fortführen können. Konferenzkoordinator Joachim Lindner hielt mit seiner frohen Botschaft nicht lange hinterm Berg: „Die heutige Veranstaltung markiert Abschluss und Neubeginn zugleich“, verkündete der Ärztliche Direktor der Klinik am Hainberg in seiner Eröffnungsrede.

Gemeinsam mit dem Kreis Hersfeld-Rotenburg, mit der Sparkasse und dem Klinikum hatte die Klinik am Hainberg zu den Initiatoren der großen Zukunftskonferenz gehört. Nun hat man einen weiterführenden Schritt getan: „Mit der Gründung einer regionalen Zukunftsakademie schaffen wir eine Plattform für den interdisziplinären Dialog, für Wissenstransfer und Vernetzung. Die begonnenen Projekte der Zukunftskonferenz finden hier ein neues organisatorisches Dach“, zeigte Joachim Lindner Perspektiven für die künftige Arbeit am Thema „Zukunft“ auf.

Für die Projektteams im Kreistagssitzungssaal eine gute Nachricht. Bedeutete dies doch, dass sie auch zukünftig bei der Realisierung ihrer Vorhaben auf Unterstützung bauen dürfen und der Einsatz der letzten Monate nicht wirkungslos verpufft. Denn wie die Ergebnispräsentation nun zeigte, hatten die Teams so einiges bewegen können.

Das Projekt Marketing für Hersfeld-Rotenburg befindet sich kurz vor der Fertigstellung. Dem prognostizierten Bevölkerungsrückgang war das Team mit der Erarbeitung eines Marketingkonzeptes begegnet, das die Region sowohl als idealen Lebensmittelpunkt für Familien, wie auch als Standort für Unternehmen anpreist. Ein Medienmix aus Flyer, Info-Ordner und Internet-Portal wird zukünftig die Stärken und Potenziale der Region ins beste Licht rücken. Mit der professionellen Umsetzung des Standortmarketing-Konzeptes hat man jüngst die regional ansässigen Unternehmen EKB-Webdesign und Ultraviolett beauftragt.

Engagiert war in den vergangenen Monaten auch das Projekt „Medizinisch-soziales Netzwerk“ voran getrieben wurden. Ein großer Korb, gefüllt mit reifen Äpfeln, stand beim dritten Projektforum symbolisch für die zahlreichen Anbieter und Institutionen im Landkreis, die Leistungen im medizinischen oder psychosozialen Bereich erbringen. „Doch es reicht nicht, im Kreis eine ausgezeichnete Infrastruktur vorzuhalten“, machte Teamsprecherin Renate Beyer-Hose deutlich. Um Menschen bedarfsgerecht beraten und versorgen zu können, benötige man Transparenz in der Versorgungslandschaft. – Eine Forderung, der sich das Team in seinem Mammutprojekt angenommen hatte. Über 900 Daten – von Ärzten und Physiotherapeuten über Kindertagesstätten und Schulen bis hin zu Kirchen und Beratungsstellen - waren im gesamten Landkreis erfasst worden und sollen ab Frühjahr 2010 per Internet-Datenbank abrufbar sein. Verorten will man die Datenbank nach Aussagen von Dirk Hewig, Mitarbeiter der Kreisverwaltung,  bei der Senioren-Beratung Waldhessen als der zentralen Anlaufstelle des Landkreises für ältere Menschen und ihre Angehörigen.

Mit dem Projekt „Die Wertschätzer“ stehe man zwar nicht im Rampenlicht, aber das Team sei durchaus aktiv, betonte Teamsprecherin Anja Schnadhorst und belegte dies sogleich mit Fakten. Mit interessanten Veranstaltungen will man Möglichkeiten schaffen, in denen die Generationen ungezwungen miteinander in Kontakt treten können. Die erste Veranstaltung wird bereits am 25. Februar Alt und Jung ins Mehrgenerationenhaus Dippelmühle locken. Unter dem Motto „Mut machen und stark sein“ wird an diesem Tag Kinderbuch-Autor Frederik Vahle in der Dippelmühle zu Gast sein und aus seinen Büchern lesen. „Wir nutzen Prominenz als Zugpferd für Begegnungen zwischen Kindern und alten Menschen“, erläuterte Anja Schnadhorst ihr Konzept. Einmal jährlich möchte das Projektteam eine generationenübergreifende Veranstaltung auf die Beine stellen.

Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu fördern, diesem Ziel hatte sich die Projektgruppe „Flexible Kinderbetreuungsangebote“ verschrieben. Zwar habe sich die Situation durch den Ausbau von Krippenplätzen und Kindertagesbetreuung in den letzten Jahren verbessert, doch noch könnten nicht alle Bedarfe abgedeckt werden, beschrieb Teamsprecherin Ute Boersch von der Tagespflegebörse des Landkreises die aktuelle Lage. So verwundert es nicht, dass das Angebot der flexiblen Kleinkinderbetreuung bereits auf offene Ohren gestoßen war. An der Modellschule Obersberg, an der Rotenburger Jakob-Grimm-Schule sowie am Klinikum Bad Hersfeld konnte sich zwischenzeitlich die pädagogische Kleinkinderbetreuung bewähren. Mit Blick auf den demografisch begründeten Fachkräftemangel in der Zukunft wandte sich Ute Boersch auch an die Vertreter der Wirtschaft. Kinderbetreuungsangebote, so gab sie zu bedenken, seien für junge Familien ein wichtiges Entscheidungskriterium, wenn es um die Wahl des Lebensmittelpunktes gehe.

Geradezu einen Blitzstart hatte das Projektteam „Ehrenamt“ nach der Zukunftskonferenz im September 2008 hingelegt. Nur acht Monate später war unter Federführung von Heimleiter Ronald Loot bereits eine Ehrenamtsmesse auf die Beine gestellt worden. Unter dem Motto „Ehrenamt macht das Leben bunt“ stellten mehr als fünfzig Organisationen in der Stadthalle Bad Hersfeld ihre ehrenamtlichen Aktivitäten vor. „Die Messe brachte nicht nur Bürger ins Ehrenamt, sie war auch Plattform für ein ganz anderes Kennenlernen“, freute er sich zu berichten. Im zweijährigen Turnus soll die Veranstaltung künftig an wechselnden Orten wiederholt werden. In diesem Zusammenhang rief Ronald Loot zur Mitarbeit auf: „Ich will gern die Brücke in die Zukunft sein,“ sagte er, „aber die Projektteams brauchen Verstärkung!“

Unterstützung ganz anderer Art sucht das Projektteam „Miteinander leben und wohnen“, um sein alternatives Wohnprojekt für Seniorinnen und Senioren voran zu bringen. Auf mehreren Plakaten hat man das Vorhaben inzwischen in der Region publik gemacht. „Doch leider sind wir auf der Suche nach einer geeigneten Immobilie bis heute nicht fündig geworden“, bekannte Architekt Volker Dietz bei der Projektpräsentation am 17. Dezember. Das gesuchte „Haus der Mitte“ sollte sich im Ortskern eines Dorfes mit guter Infrastruktur befinden und Platz für vier bis sechs Wohnungen bieten. „Auf unserem nächsten Plakat hoffen wir, einen konkreten Bauplan, Grundstück und Finanzierungsbeteiligte präsentieren zu können“, zeigte sich Teamsprecher Dietz nach wie vor zuversichtlich.

Last but not least stellte das Projektteam „Zukunftsakademie“ den aktuellen Stand der Umsetzung dar. Mit der Gründung des Vereins „Zukunftsakademie Hersfeld-Rotenburg“ hatte man bereits am 26. November 2009 den Grundstein für das ambitionierte Vorhaben einer regionalen Zukunftsakademie gelegt. Den ersten Vorstand bilden die Initiatoren der Zukunftskonferenz. Als Vorsitzender wird Joachim Lindner, der bereits Koordinator der Zukunftskonferenz gewesen war, die Zügelführung übernehmen. Erste Kreisbeigeordnete Christa Bittner, die mit Ablauf des Jahres 2009 aus dem Berufsleben ausscheidet, wird als stellvertretende Vorsitzende des Vereins „Zukunftsakademie“ weiterhin aktiv die Zukunft des Landkreises mitgestalten. Die Aufgabe des Schatzmeisters hat der Vorstand der Sparkasse Hersfeld-Rotenburg, Reinhard Faulstich, und die des Schriftführers Martin Ködding, Geschäftsführer des Klinikums Bad Hersfeld, übernommen.

Vom ursprünglichen Vorhaben, die Region durch eine Hochschulneugründung zu stärken, hatte sich das Projektteam nach der Zukunftskonferenz im September 2008 rasch verabschiedet. „Wir gewannen wieder Bodenkontakt“, sagt Lindner rückblickend. Stattdessen nahm die Idee einer regionalen Zukunftsakademie mehr und mehr Gestalt an. Als Plattform für Zukunftsforen sowie für Aus- und Fortbildung und als Dach für die Projekte aus der Zukunftskonferenz, will die Akademie „den Geist von Hohenroda lebendig halten“.  Die begonnene inhaltliche und formale Vernetzung aller Menschen und Gruppierungen in der Region, die sich mit der älter werdenden Gesellschaft befassen, soll hier vorangetrieben werden, „denn“ so Vorsitzender Lindner, „komplexe Zukunftsfragen brauchen differenzierte Antworten und eine multiprofessionelle Zusammenarbeit.“ 

Eine glänzende Abrundung erfuhr der lebendige und anregende Nachmittag durch den Gastvortrag von Prof. Dr. Kruse, Leiter des Instituts für Gerontologie an der Uni Heidelberg. In seinem hochkarätigen Vortrag „Ethische Implikationen einer alternden Gesellschaft“ führte der renommierte Wissenschaftler und Gerontologie-Experte aus, wie stark Mitgestaltungsmöglichkeiten und gesellschaftliche Teilhabe die Lebensqualität und das Wohlbefinden alter Menschen beeinflussen. 

Keinen Schlusspunkt wollte Kreisbeigeordnete Christa Bittner ans Ende des letzten Projektforums der Zukunftskonferenz setzen, sondern ein Ausrufungszeichen. „Wir haben in den vergangenen Monaten bereits viel bewegt. Vernetzungen zwischen Menschen und Gruppierungen sind entstanden. Aber wir können noch mehr bewegen! Lassen Sie uns deshalb unter dem Dach der Zukunftsakademie gemeinsam weitermachen!“

 

Der Vortrag von Herrn Prof. Dr. phil. Dipl. Psych. Andreas Kruse zum download: