Die Kapitulation der Vernunft in einer überforderten Gesellschaft

2. Zukunftsforum in der Veranstaltungsreihe „Wehrhafte Demokratie“

Unter dem  Titel:

Die Kapitulation der Vernunft in einer überforderten Gesellschaft
– Wenn Denken und Handeln unter die Regie extremer Gefühle geraten-

fand am Donnerstag, den 30.10.2025  in der Klinik am Hainberg das 2. Zukunftsforum in der Veranstaltungsreihe "Wehrhafte Demokratie" statt.

Der Vortrag von Herrn Prof. Dr. Ernst-Dieter Lantermann stiess bei den fast 90 Teilnehmenden auf große Zustimmung. In der anschließende Diskussion, in einer Fish-Bowl-Runde, wurden viele Thesen aus dem Vortrag aufgegriffen und mit den persönlichen Erfahrungen der im "Innenkreis" sitzenden Menschen in Verbindung gebracht.

Einige Stichworte aus dem Vortrag:
• Überforderte Gesellschaft, Hintergründe sowie individuelle und soziale Folgen
• Kaltes und heißes Denken
• Soziale Medien als emotionale Brandbeschleuniger
• Eine Politik, die immer stärker auf Gefühle und immer weniger auf Wissen und Informationen setzt
• Extreme Gefühle als letzter sicherer Identitätsanker
• Was bedeutet eine umgreifende Emotionalisierung für die Gegenwart und Zukunft einer demokratischen Gesellschaft?

Wir leben in einer Gesellschaft, in der nichts mehr sicher zu sein scheint: Ehedem bewährte Traditionen, Werte und Vorstellungen von Gerechtigkeit haben ihre gesellschaftliche Bindungskraft eingebüßt. Wir blicken in eine unberechenbare und angstmachende Zukunft, sei es im Privaten, im Sozialen und im Politischen. Die globalen Dauerkrisen und die permanenten Angriffe der Populisten auf die Demokratie machen rat- und hilflos und überfordern jeden Einzelnen, auch und gerade dann, wenn er mit den Mitteln der Vernunft ein
wenig Ordnung, Übersicht und Sinnhaftigkeit in sein Leben zu bringen versucht. Und wo die Vernunft, das nüchterne Abwägen, die kritische Reflexion über das Geschehen um uns herum zunehmend zu einem untauglichen Lebensmittel mutiert, schafft sie einen breiten Raum für eine Vorherrschaft für extreme Gefühle, die irgendwann zur letzten Instanz von Wahrheit, von unhinterfragtem Handeln und Entscheiden wird.

An die Stelle von Wissen und Erkenntnis tritt die „gefühlte Wahrheit“, ganz nach dem Motto: „Ich fühle, also weiß ich“, an die Stelle von nüchterner Abwägung der Folgen von Handlungen tritt das Prinzip „Ich will, also darf ich“. Damit ist der Weg geebnet für die Bereitschaft gerade von überforderten Menschen, sich radikalen und fanatischen Überzeugungen hinzugeben, mit allen ihren Folgen und Gefahren für eine demokratisch verfasste Gesellschaft.
In dem Vortrag werden einige wesentliche Hintergründe dieser Entwicklung erörtert, so von den Einflüssen sozialer Medien sowie den Strategien populistischer Bewegungen, aber auch von den Grenzen der Vernunft gegenüber einer sich rasant verändernden Welt, die in ihrem Zusammenwirken das Dauergefühl der Überforderung in eine hochgradig emotionalisierte, vernunftvergessene Gesellschaft überführen.

Prof. Dr. Ernst-Dieter Lantermann ist Persönlichkeits- und Sozialpsychologe, langjähriger Hochschullehrer an der Universität Kassel u.a. Autor des vielbeachteten Buches „Die radikalisierte Gesellschaft – Von der Logik des Fanatismus“. Er versteht es wie kaum ein anderer, wissenschaftlich fundiert und zugleich eindringlich zu zeigen, wie soziale Verunsicherung und emotionale Überforderung die Grundfeste unseres gesellschaftlichen Zusammenlebens erschüttern.

Weitere Informationen auch unter:  Hersfelder Zeitung vom 02.11.2025: Wie extreme Emotionen die Demokratie gefährden können

Ab sofort ist der Vortrag von Herrn Prof. Dr. Ernst-Dieter Lantermann hier abrufbar!